Rede des Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Björn Thümler Top 3 a, b, c und Top 4) Niedersächsisches Schulgesetz

Es gilt das gesprochene Wort!

Kein Thema beschäftigt die Landespolitik so sehr wie die Bildungspolitik. Vollkommen zu Recht, denn: In der Bildungspolitik wird über Lebenswege, Hoffnungen und Perspektiven entschieden. In der Bildungspolitik geht es oft um weit reichende Weichenstellungen.

Heute nun steht ein Schulgesetz zur Abstimmung, das von den Inhalten und Zielen her nicht unsere Zustimmung finden kann. Weil es die Weichen in der niedersächsischen Schulpolitik grundlegend falsch stellt. Mit dieser Schulgesetznovelle begibt sich Niedersachsen auf den verhängnisvollen Weg Richtung Einheitsschulland! Anstatt die Schulstrukturen so zu belassen, wie sie sind, und sich tatsächlich um die Qualität in der Bildung zu kümmern, legt die rot-grüne Koalition die Axt an die Wurzeln der vielfältigen niedersächsischen Schullandschaft.

Ich bin mir mit zehntausenden Eltern und den Vertretern großer Bildungsverbände einig: Diese Schulgesetznovelle wird in ihren Auswirkungen die Qualität unseres Schulsystems verschlechtern.

Herr Weil, Frau Heiligenstadt,

Ihre wortreichen Lippenbekenntnisse zur Stärkung der Gymnasien ändern nichts daran: Ihr Gesetzentwurf ist keineswegs fachlich begründet, er ist vielmehr eine rein ideologische Weichenstellung. Das sehen im Übrigen auch die Vertreter der Landespressekonferenz so.

Erstes Beispiel – Braunschweiger Zeitung vom 13. Mai 2015:

„Parteibasis und Funktionäre von SPD und Grünen sind Anhänger einer integrativen Pädagogik, sprich der Gesamtschule. Das neue Schulgesetz ist denn auch ein Gesamtschul-Beschleunigungsgesetz. Die Bekenntnisse zum Gymnasium klingen entsprechend hohl.”

Zweites Beispiel – Weser-Kurier vom 1. Juni 2015:

„Misstrauen und auch Empörung bei Opposition und Verbänden in Niedersachsen wegen des neuen Schulgesetzes sind verständlich. Rot-Grün und vor allem SPD-Kultusministerin Frauke Heiligenstadt ist es im gesamten Prozess nicht gelungen, den Verdacht auszuräumen, mittelfristig die Gymnasien abschaffen und durch Gesamtschulen ersetzen zu wollen. Allen Beteuerungen zum Trotz: Die neuen Vorschriften sprechen eine andere Sprache.”

Worum es wirklich geht, das hat aus Ihren Reihen niemand klarer und deutlicher ausgesprochen als die Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion.

Frau Piel,

das Gerede von den Schmuddelkindern war absolut unangemessen. Und Ihre Entschuldigung danach bestenfalls halbherzig. Allerdings scheint das Kindeswohl auch nicht unbedingt im Zentrum rot-grüner Bildungspolitik zu stehen!

Insgeheim weiß auch der Ministerpräsident, dass er mit dieser ideologisch geprägten Schulpolitik ein hohes Risiko eingeht. Die Menschen in Niedersachsen haben nämlich ein feines Gespür für Maß und Mitte.

Herr Weil, Frau Heiligenstadt,

wenn Sie in der bildungspolitischen Diskussion wieder Land sehen wollen, dann müssen Sie sich von den Konzepten und den Beratern von vorgestern verabschieden. Es ist doch grotesk, die heutige Schülergeneration mit den bildungspolitischen Idealen eines Peter von Oertzen aus den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts zwangsbeglücken zu wollen!

Eigentlich sollte die Schulgesetznovelle das Meisterstück der Kultusministerin werden. SPD und Grüne wollten mit einem guten Gefühl und bildungspolitischen Rückenwind in die parlamentarische Sommerpause gehen. Das Gegenteil ist eingetreten: Der wenig souveräne Umgang mit den Schülerprotesten in Brake und die wüsten Beschimpfungen von Elternräten und Philologenverband durch Herrn Politze in Pressemitteilungen zeigen deutlich: Sie sind sich Ihrer Sache offenbar selbst nicht mehr sicher!

Der Kollege Uwe Santjer hatte schon beim Philologentag in Goslar genug, als er den verzweifelten Gymnasiallehrern zurief: „Steht auf und wehrt Euch!”

Viele Eltern und Schüler sind ihm daraufhin tatsächlich gefolgt. Im parlamentarischen Verfahren mag es ausreichend sein, die berechtigten Anliegen von 100.000 Petenten mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit im Fachausschuss so mir nichts, dir nichts beiseite zu wischen.

An der schlechten Stimmung an den Schulen ändert das nichts, im Gegenteil.

Es mag ja noch eine knappe Mehrheit in Ihren Reihen geben, die unbeirrt glaubt, mit diesem Schulgesetz bei Eltern, Lehrern und Schülern punkten zu können. All jene, die das glauben, unterliegen einem schweren Irrtum. Den Kampf um Glaubwürdigkeit und Kompetenz in der Schulpolitik jedenfalls, den haben Sie mit dieser Schulgesetznovelle schon vor Abpfiff der ersten Halbzeit dieser Wahlperiode unwiederbringlich verloren!

veröffentlicht am 03.Jun.2015