Rede des schulpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Kai Seefried, zu TOP 30 „242.000 nicht erteilte Stunden sind viel zu viel: Lehrermangel abstellen, Stundenausfall verhindern, Lehrkräfte motivieren und unterstützen“

– Es gilt das gesprochen Wort –

  • die Umsetzung der Inklusion wird in Niedersachsen gegen die Wand gefahren,
  • die bewährte Schulsozialarbeit wird zerschlagen,
  • das Abitur wird entwertet,
  • die Schulen werden mit der Integration der Flüchtlinge allein gelassen.

Und die wesentliche Grundvoraussetzung für gute Bildung, nämlich eine gesicherte Unterrichtsversorgung, bricht zusammen.

Wir haben in Niedersachsen die schlechteste Unterrichtsversorgung seit 15 Jahren. Mittlerweile wissen wir, dass die Lage noch viel schlimmer ist, als es in dem Titel unseres Antrages steht. Wir reden hier von 242.000 Stunden nicht erteilten Unterrichtsstunden im vergangenen Jahr.

Der neue Titel für das Schuljahr 2016/2017 muss jetzt lauten: In Niedersachsen werden mehr als eine Million Unterrichtsstunden nicht stattfinden. Die Situation betrifft nicht nur die allgemein bildenden Schulen, sondern auch die berufsbildenden Schulen. Das Beispiel des Unternehmens Premium Aerotec aus Nordenham und die schlechte Unterrichtsversorgung an der BBS Wesermarsch sorgen bundesweit für Aufsehen. Diese Situation ist aber nur ein Beispiel für viele vergleichbare Situationen im ganzen Land.

Die Situation ist hausgemacht. Die Verantwortung trägt einzig und allein Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD). SPD und Grüne sollten auch endlich aufhören, gebetsmühlenartig das zu wiederholen, was ihnen die GEW aufgeschrieben hat.

Die jetzigen Probleme können Sie nicht der Vorgängerregierung zuschieben. Sie auf der Regierungsbank, und auch Sie, die Abgeordneten von SPD und Grünen, tragen mit ihren falschen Entscheidungen zur Lehrerarbeitszeit und der unrechtmäßigen Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung der Gymnasiallehrer die Verantwortung. Sie tragen die Verantwortung dafür, weil sie nicht ausreichend Lehrkräfte eingestellt haben. Allein im Jahr 2014 haben sie rund 350 gut ausgebildete Gymnasiallehrer, die sich in unserem Land beworben haben, auf der Straße stehen lassen.

Und Sie machen immer noch Fehler.

Wenn Sie wissen, wie dramatisch die Situation ist, bleibt nur konsequentes Handeln anstatt zu reden. Stellen, die Sie nicht ausschreiben, können auch nicht besetzt werden. Aber vielleicht steckt dahinter ja auch eine Strategie?

Sie rühmen sich für 2.700 Stellen, die Sie ausgeschrieben haben. Davon sind aber 700 bisher nicht besetzt. Und das liegt an Ihnen. Zum normalen Ausschreibungstermin am 16. März 2016 haben Sie nur 1.800 Stellen ausgeschrieben. Erst zwei Monate später, am 4. Mai, wurden weitere 800 Stellen nachgeschoben. Das war sieben Wochen vor dem Schuljahresende und viel zu spät.

Auch hier wird deutlich: Diese Regierung hat jeden Ehrgeiz verloren, die Unterrichtsversorgung zu sichern. Es gibt keinen Plan, keine Strategie und kein Konzept, und das bei einer jährlich sinkenden Unterrichtsversorgung.

Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte „17-Punkte-Plan“, der am letzten Ferientag veröffentlicht wurde. Am letzten Ferientag – zu einem Zeitpunkt, als Sie nicht mehr wussten, wie Sie der Öffentlichkeit dieses Desaster erklären sollen.

Am 3. August, dem letzten Ferientag der Sommerferien, hatte jede unserer Schulleitungen in Niedersachsen bereits seit Wochen den Unterrichtseinsatz der Lehrkräfte geplant. Lehrerinnen und Lehrer hatten ihren Unterricht geplant und waren oft schon mehrere Tage wieder in der Schule. Auch die Eltern hatten schon Tage oder Wochen zuvor gemeinsam mit ihren Kindern die Hefte und Mappen für das neue Schuljahr gekauft, Einschulungsfeiern waren vorbereitet und alle in gespannter Erwartung auf den Schulbeginn.

Und die Kultusministerin hat Sommerferien gemacht, bis ihr plötzlich am 3. August auffiel, dass das neue Schuljahr vor der Tür stand und sie nicht genug Lehrer hatte.

Frau Ministerin,

Ferien sind sogenannte unterrichtsfreie Zeit. Das heißt aber nicht, dass man das Arbeiten ganz einstellen soll, so wie Sie es anscheinend gemacht haben. Sie haben die gesamte Entwicklung komplett verschlafen.

Es ist erschreckend, immer wieder Zeuge davon zu werden, wie Sie die Probleme in ihrem eigenen Ressort verschleppen und dadurch alles nur noch schlimmer machen.

Ihr „17-Punkte-Plan“ ist ein stumpfes Schwert. Es ist eine Aneinanderreihung von Notmaßnahmen, die sich zum Teil gegenseitig negativ beeinflussen.

Es sind 17 Punkte der Hilflosigkeit.

Wir brauchen endlich wirkliche Konzepte, so wie es die Direktorenvereinigung und weitere Bildungsverbände gefordert haben.

Das Fass ist bei unseren Lehrkräften voll. Es ist sprichwörtlich übergelaufen. Die Direktorenvereinigung fordert dazu eine Politik, die sich auf solche Maßnahmen beschränkt, die mit den vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen tatsächlich umsetzbar sind. Es muss Schluss sein mit einer Politik der realitätsfernen Versprechungen und Illusionen.

Wir brauchen endlich Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Das gilt auch gerade bei der Diskussion um die Arbeitszeit unserer Lehrkräfte. Diese Landesregierung verweigert sich der Diskussion dazu nach wie vor.

In der vergangenen Woche hat der Philologenverband, auch aus Verzweiflung über diese Regierung, ein Rechtsgutachten vorgelegt, aus dem eindeutig hervorgeht, dass sie sich dieser Diskussion auch mit Blick auf ihre Niederlage vor dem OVG Lüneburg nicht entziehen können. Wirklich interessant wird dann aber, wie das Kultusministerium auf dieses Gutachten reagiert.

In der Pressemitteilung des Kultusministeriums steht sinngemäß:

  • Das Kultusministerium nimmt zur Kenntnis, dass die Philologen ein Rechtsgutachten über etwas einfordern, das durch das Ministerium bereits umgesetzt wird.
  • In einer ersten Bewertung sieht das Kultusministerium das Gutachten durchaus als Bestätigung des Vorgehens der Landesregierung.
  • Man weist den Vorwurf zurück, dass das Ministerium sich verweigere, eine eigene Arbeitszeiterhebung zu machen

Das könnte man hier einerseits als Strategie unter dem Motto: „Augen zu und durch“ bezeichnen. Ich finde man kann es eigentlich nur als eine unverfrorene Frechheit bezeichnen.

Das muss man erstmal bringen, nach all den Debatten, die wir zu unserer Forderung nach einer unabhängigen Erhebung der Arbeitszeit bereits geführt haben, so dreist zu antworten.

Bereits im Herbst 2013 haben wir als CDU-Fraktion zum ersten Mal im Zusammenhang mit der Debatte um die Arbeitszeit der Gymnasiallehrer eine solche Erhebung in einem Antrag gefordert. Das ist drei Jahre her. Seitdem gab es immer wieder neue Initiativen dazu, die alle von der Regierung und den sie tragenden Fraktionen von SPD und Grünen abgelehnt worden. Jeder nur halbwegs Informierte weiß, wie Sie sich hier verhalten haben. Und dann kommen Sie jetzt und tun so, als ob Sie nie etwas Anderes wollten.

Das ist eine Dreistigkeit, da fehlen mir wirklich die Worte. Aber was sage ich Ihnen hier. Solch eine verlogene Politik verstehen die Wählerinnen und Wähler und werden daraus ihre Konsequenzen ziehen. Es dauert nur noch knapp über ein Jahr, dann wird eine CDU-geführte Landesregierung diese Erhebung auf den Weg bringen und unseren Lehrkräften endlich wieder Ehrlichkeit und Vertrauen entgegenbringen.

veröffentlicht am 19.Aug.2016