Rede des CDU-Landtagsabgeordneten Karl-Heinz Bley TOP 33 Haushaltsberatungen 2015 – Haushaltsschwerpunkt Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

– Es gilt das gesprochene Wort –

Zur Vorbereitung auf meine Haushaltsrede habe ich mir zunächst das Manuskript meiner Rede aus dem vergangenen Jahr noch einmal angeschaut. Ich hatte die leise Hoffnung, dass einige meiner Kritikpunkte aus dem letzten Jahr inzwischen abgearbeitet sind.

Dem ist leider nicht so. Im Gegenteil: Auch wenn der aktuelle Wirtschaftsminister viel Wind macht, sind die Ergebnisse seiner Politik mehr als bescheiden. Und das hat auch damit zu tun, dass Herr Lies ein Wirtschaftsminister mit begrenzter Prokura ist.

Viele in Niedersachsen sehen die konjunkturelle Entwicklung mit einiger Sorge. Am 30. September 2014 meldete die Nachrichtenagentur dpa beispielsweise, dass Niedersachsens Wirtschaft im ersten Halbjahr 2014 weniger gewachsen ist als im Bundesdurchschnitt. Der Kronzeuge dafür ist unbestechlich: Es ist das Landesamt für Statistik in Hannover. Auch die letzte Konjunkturumfrage der niedersächsischen IHK prognostiziert, dass sich die Entwicklung am niedersächsischen Arbeitsmarkt 2015 eintrübt.

Es wäre also Zeit für mutiges Handeln: Vorfahrt für Wachstum und Beschäftigung. Die richtige Konsequenz wäre es, durch gezielte wirtschaftspolitische Maßnahmen gegenzusteuern, die Investitionen hochzufahren, Hebeleffekte durch Kofinanzierung von Bundesmitteln zu erzielen oder Bürokratie abzubauen. Aber nichts davon hat diese Landesregierung vor. Das Gegenteil ist der Fall:

– Die Straßenbaumittel werden weiter konsequent heruntergefahren.

– Wo es ohne weiteres möglich wäre, durch Kofinanzierung von Bundesmitteln Hebelwirkungen zu erzielen, wie zum Beispiel bei den GRW-Mitteln, kürzen Sie den Landesanteil und „verschenken” regelrecht Geld.

– In der EU-Förderung werden die erfolgreichen Instrumente wie etwa die „Regionalisierten Teilbudgets” ohne Not eingestellt.

Ich habe letztes Jahr in diesem Haus an gleicher Stelle gefragt, ob Niedersachsen stark genug ist, um ein paar Jahre Rot-Grün zu verkraften. Ich bin inzwischen der Einschätzung gelangt, dass jeder weitere Tag Rot-Grün ein Schaden für Industrie, Handwerk und Mittelstand in unserem Land ist. Aus eigener Anschauung kann ich sagen: Der Unmut über die Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung steigt.

Herr Minister, Sie erinnern sich sicher an unser Zusammentreffen in Ihrem Hause am 3. Dezember. Die Kritik, die Sie sich dort wegen Ihrer Untätigkeit anhören mussten und die ernsten Sorgen von Wirtschaft und Verbänden um das Land Niedersachsen waren immens.

Wirklich Sorgen muss uns zudem machen, dass der Wirtschaftsminister zwar offenbar in der Öffentlichkeit, wie man so sagt, „gut ankommt”, nur scheint er keine Lobby im Kabinett zu haben. Kein anderer Minister wurde in den Verhandlungen um den Landeshaushalt 2015 derart geschröpft wie der Wirtschaftsminister.

Besonders deutlich wird das beim Thema Verkehr und Infrastruktur. Wir haben die merkwürdige Situation, dass ein sozialdemokratischer Ministerpräsident und ein sozialdemokratischer Wirtschaftsminister durch die Lande ziehen und den Ausbau von Bundesfernstraßen freudig begrüßen. Wenn es aber zum Schwur kommt, dann gilt das grüne Veto. Welche Handschrift die Landesregierung bei Verkehrsprojekten verfolgt, sieht man deutlich an der A26, einem besonders traurigen Kapitel rot-grüner Verkehrspolitik. Da ist eine Autobahn nach langen Jahren und viel Hin und Her fertig – noch dazu eine, die dringend gebraucht wird – und dann eröffnet sie dieser Wirtschaftsminister bis auf Weiteres nur in eine Richtung.

Dieser Schildbürgerstreich wird in die Geschichte des Landes Niedersachsen eingehen. Aber den gebeutelten Menschen im Alten Land wäre am meisten gedient, wenn man sich der Sache ganzheitlich annehmen würde. Die von Ihnen Herr Lies nunmehr verkündete Verkehrszählung ist da nicht das richtige Mittel. Wir waren mit dem Arbeitskreis Wirtschaft der CDU-Fraktion vor Ort, nachdem ein Besuch des zuständigen Wirtschaftsausschusses von der rot-grünen Regierungsmehrheit abgelehnt wurde. Ich kann Ihnen sagen: Im Alten Land gibt es kein Erkenntnisproblem und deshalb ist eine Verkehrszählung auch nicht das geeignete Mittel. Es gibt ein Umsetzungsproblem. Und hier wäre die Landesregierung gefordert, mit den Menschen vor Ort Lösungen zu erarbeiten und dann umzusetzen.

Im Oktober hat der Ministerpräsident in der „Welt am Sonntag” der Bundesregierung einen seiner unzähligen ungebetenen Ratschläge erteilt – ich zitiere: „In Deutschland müssen wir das tun, was wir ohnehin dringend tun müssen: mehr in die Zukunft investieren.” Herr Weil, bevor Sie anderen Nachhilfe erteilen, sollten Sie selbst erst einmal Ihre Hausaufgaben erledigen.

Wer Zukunft will, der muss investieren statt konsumieren, der muss Infrastrukturen schaffen, statt noch mehr Ministerialstellen. Eine Landesregierung, die die Personalausgaben in neue Rekordhöhen schraubt und die Investitionen kürzt, der muss man den wirtschaftspolitischen Sachverstand weitgehend absprechen. Statt in neue Ämter und Landesbeauftragte zu „investieren”, sollten Sie die knappen Haushaltsmittel gewinnbringend einsetzen. Etwa für Landesstraßen und Breitband.

Was Sie hier tun ist zu wenig. Es ist zum Schaden der Infrastruktur, der Kommunen und der Wirtschaft, die auf verlässliche Verkehrswege angewiesen sind. Ich nenne nur einige Beispiele: Rot-Grün wird bis 2017 die Förderung des kommunalen Straßenbaus schrittweise um 62 Millionen Euro kürzen. Wichtige Kreis- und Gemeindestraßen, Ortsdurchfahrten, Brücken, Eisenbahnen, Kreuzungen sowie Geh- und Radwege können nicht mehr gebaut werden.

In der Verkehrspolitik zeigt sich der tiefe Riss im Regierungslager. Die SPD betont in schöner Regelmäßigkeit, wie wichtig der Bau der Autobahnen A20 und A39 und der Ausbau der E233 für Niedersachsen sei. Die Grünen lassen unterdessen keine Gelegenheit aus, auf die Bremse zu treten. Die Landesdelegiertenkonferenz in Walsrode am 18. und 19. Oktober 2014 hat dies noch mal auf eindrucksvolle Art und Weise bestätigt.

Der vom Landesparteitag geforderte Planungs- und Ausbaustopp für zentrale Fernstraßenprojekte in Niedersachsen würde das Land im Wettbewerb um die Investitionsmittel des Bundes mit anderen Bundesländern um Jahre zurückwerfen.

Vor gut eineinhalb Jahren konnte man in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (11.3.2013) Folgendes lesen: „Niedersachsens neuer Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) will die Planungen für die Autobahnen 20 und 39 weiter vorantreiben, einen Bau aber von der Zustimmung der Grünen abhängig machen. ‚Ich bin fest davon überzeugt, dass die A20 und A39 dringend notwendig sind und gebaut werden müssen’, sagte Lies am Montag in Hannover. Er wisse aber auch, dass der Koalitionspartner dies skeptisch sehe. ‚Wir werden weiter intensiv darüber reden.'”

Das intensive Weiterreden mit den Grünen hat bislang offenbar keinerlei Erfolg gebracht. Jedenfalls erklärte Herr Lies jüngst in Braunschweig beim traditionellen Herrenabend des Technikervereins mit resignativem Unterton: „Versuchen Sie mal, die Grünen von der Notwendigkeit der A39 zu überzeugen.” (Braunschweiger Zeitung vom 24.11.2014)

Ich stelle fest: Herr Lies hat offenbar fertig mit den Grünen! Und so etwas bleibt ja nicht ohne Folgen. Vor wenigen Tagen konnten wir im Wirtschaftsteil der Zeitungen lesen, dass die Investitionen in der niedersächsischen Logistikbranche im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit sieben Jahren gesunken sind. Wenn der Wirtschaftsminister dann auch noch betont, dass er mit einer solchen Entwicklung zufrieden sei, dann zeigt das: Im Grunde hat Herr Lies längst vor den grünen Blockierern kapituliert. Ein Trauerspiel, wie ich finde! Dieses Beispiel macht zugleich deutlich, dass Niedersachsen eine verlässliche, am Bedarf der Wirtschaft ausgerichtete und vor allem ideologiefreie Verkehrswegeplanung braucht. Ansonsten quittiert es die Wirtschaft mit weniger Investitionen.

Eine ausreichende Finanzierung der niedersächsischen Infrastruktur ist ein zentrales Ziel der Änderungsanträge unserer Fraktion zum Landeshaushalt. Außerdem wollen wir durch Zukunftsinvestitionen in innovative Technologien, wie Luft- und Raumfahrt – von Ihnen auf null Euro gekürzt – und durch die Aufstockung von Kofinanzierungsmitteln für Bundesmittel positive Konjunkturimpulse geben.

Im Einzelnen:

1. Die CDU-Landtagsfraktion setzt sich im Rahmen ihrer Haushaltsvorschläge dafür ein, den Ansatz für Aus- und Umbau und Unterhaltung der Landesstraßen um 20 Millionen Euro aufzustocken.

2. Der Ansatz für Luft- und Raumfahrt wird auf fünf Millionen Euro erhöht.

3. Verschiedene Kofinanzierungen werden deutlich, um etwa fünf Millionen Euro, erhöht.

4. Wir wollen darüber hinaus die bisherige Verteilung der Mittel aus dem Entflechtungsgesetz beibehalten. Auch in Zukunft sollen 60 Prozent der vom Bund bereitgestellten Mittel für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden auf den kommunalen Straßenbau entfallen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, in der Verkehrspolitik streichen Sie die Mittel für den kommunalen Straßenbau weiter zusammen. Sie satteln einzig und allein bei der Bürokratie drauf. Und das geht voll zu Lasten des heimischen Mittelstands.

Wir haben in diesem Hause schon viel über das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) gesprochen. In der letzten Plenarsitzung hatte ich Ihnen, Herr Minister Lies, einen Leitz-Ordner mit Merkblättern und Formularen überreicht, die Unternehmen in den verschiedenen Phasen von Ausschreibungen zu beachten und zu befolgen haben. Vor wenigen Tagen nun bekam ich ein Schreiben von Ihnen, in dem Sie ausführten, nur ein Drittel dieser Unterlagen betreffe des NTVergG.

Ein Drittel mehr Bürokratie durch ein einziges Gesetz. Und dieses eine Drittel an Vorgaben kommt zu den übrigen Anforderungen noch hinzu – das ist schon schlimm genug! Ich appelliere an Sie alle hier im Landtag: Lassen Sie uns gemeinsam das NTVergG so reformieren, dass es Bürokratie ab- und nicht aufbaut. Wenn dieses Gesetz nicht schon von Anfang an unsinnig gewesen ist, so hat es spätestens mit der Einigung auf den Mindestlohn im Bund seine Berechtigung vollends verloren!

Ich fasse zusammen: Wirtschaftspolitik in Niedersachsen bedeutet unter Rot-Grün:

– Weniger Innovation

– Weniger Investition

– Weniger Wachstum,

– Dafür aber: Mehr Bürokratie!

Rot-Grün gibt sich schon mit unterem Mittelmaß zufrieden. Wir haben andere Vorstellungen von der Zukunft Niedersachsens. Wir wollen ein Land mit den wenigsten Vorschriften und dem stärksten Wirtschaftswachstum. Wir wollen ein Land, von dem auch in Berlin voller Hochachtung gesprochen wird – weil es nicht immer nur als Bittsteller in der Bundespolitik auftritt, sondern auf seine eigene Stärke setzt!

veröffentlicht am 17.Dez.2014